Wie bereits im letzten Jahr, hat es uns auch 2018 wieder nach Ungarn gezogen. Am Sonntag, 21. Oktober haben wir uns in den frühen Morgenstunden auf den Weg gemacht. Dank vieler lieber Menschen, die Spenden geschickt oder gebracht haben, war unser Bulli wieder bis unters Dach gefüllt. Bei unserer Ankunft am späten Nachmittag erwartete uns Juli bereits. Nach einem leckeren Essen fielen wir müde in unsere Betten.
Am Montag Tag fuhren Andreas, unser Sohn Jonas und ich frühmorgens direkt zum Tierheim in Mezötúr. Wir wurden von Ildiko, der guten Seele des Tierheimes, herzlich begrüßt und fühlten uns gleich wieder wohl. Einige Dinge waren seit unserem letzten Besuch verbessert worden:
– Auf der Auslauffläche waren Wege betoniert worden, um bei schlechtem Wetter die hinteren Zwinger gut erreichen zu können.
– Eine kleinere Zwingeranlage wird gerade erweitert, damit den Hunden dort auch etwas Grünfläche zur Verfügung steht.
– Ein riesiger Seecontainer, der direkt neben dem Parkbereich des Tierheimes steht, fiel gleich ins Auge. Er wurde von der „Hundehilfe Piroschka“ angeschafft und soll ab jetzt Lager für Futter, Decken u.ä. sein.
Das derzeitige Lager des Tierheimes, dass einige Kilometer entfernt ist, stand nämlich zum Verkauf und musste möglichst schnell geräumt werden. Gesagt, getan! Da an diesem Tag zwei freiwillige Helfer und ein kleiner LKW zur Verfügung standen, fuhren Andreas, Jonas und Juli einige Male mit ihnen zwischen dem alten Lager und dem Tierheim hin und her, um es zu räumen. Leider wurde dabei eines deutlich: Lange würden die Futtervorräte des Tierheimes nicht mehr ausreichen, da die wenigen verbliebenen Säcke teilweise stark von Mäusen und Ratten angefressen waren.
Im Tierheim selbst gab es an diesem Tag natürlich auch reichlich zu tun, neben Aufräumarbeiten, Reinigung der Zwinger und Ausläufe durfte auch die Beschäftigung mit den Hunden nicht zu kurz kommen. Jonas nahm sich für das gut gefüllte Welpenzimmer Zeit und spielte und kuschelte ausgiebig mit den jungen Bewohnern.
Am nächsten Tag stand für mehrere Hunde eine Blutentnahme beim Tierarzt an, ein übliches Procedere für Hunde, die älter als sechs Monate alt sind und ausreisen sollen. Da ausser Ildiko niemand Auto fahren kann, wurde diese Aufgabe von Juli und Jonas übernommen, während ich bei der Tagesroutine half und Andreas sich einen Überblick verschaffte, wo es Dinge zu reparieren oder auszutauschen gab. Die Einkaufsliste wurde schnell länger, was glücklicherweise durch unsere Spenden kein Problem darstellte. Dank Juli konnten wir am Mittwoch alles besorgen, was für die Handwerksarbeiten nötig war, was für uns alleine aufgrund der Sprachbarriere nicht möglich gewesen wäre. Niemand spricht Deutsch, aber man findet auch kaum jemanden, der ein paar Brocken Englisch versteht. Viele Kleinigkeiten konnten repariert und erledigt werden, eine sonst fast unlösbare Aufgabe für die Frauen, die täglich im Tierheim die Hunde versorgen.
Am Donnerstag fuhren Juli und ich mit drei Hunden schon früh morgens nach Budapest. Für die ca. 175km lange Strecke benötigt man aufgrund der schlechten Infrastruktur und des hohen Verkehrsaufkommens in Budapest zwischen zwei und drei Stunden. Für ldiko vom Tierheim also eine Tagesfahrt und somit ohne Hilfe nicht machbar. An Bord hatten wir eine Bulldogge, die in beiden Ohren Geschwüre hatte, die operativ entfernt werden mussten. Dazu eine Schäferhündin, die nach einem Schädelbruch tränende und entzündete Augen hatte und eine junge Terrier-Mix-Hündin, die aus der Tötung übernommen worden war und deren rechtes Hinterbein lahmte.
Solche Fälle kann der Tierarzt in Mesötúr nicht behandeln, da ihm nicht einmal ein Röntgengerät zur Verfügung steht. Während der OP der Bulldogge wurde unsere Schäferhündin behandelt und Milky, unser „Dreibein“, untersucht. Der dortige Tierarzt riet zu einer zeitnahen OP für Milky in einer Unfallklinik am anderen Ende der Stadt. Was tun? Auf gut Glück fuhren wir zu der genannten Klinik und bekamen die Information, dass der Spezialist für solche Fälle noch bist 16 Uhr operiere und für uns keine Zeit habe. Es ist Julis Hartnäckigkeit zu verdanken, dass es uns dann doch gestattet wurde, um 16 Uhr wieder in die Klinik zu kommen. Milky sollte aufwändig operiert werden, in der Hoffnung, das verletzte Bein vollständig wiederherstellen zu können. OP-Termin erst am folgenden Montag, die Kosten sehr hoch, die Logistik kompliziert…
Als wir die Hunde am späten Abend wieder ins Tierheim gebracht hatten, waren wir unendlich müde und frustriert. Ein harter Tag lag hinter uns, und es gab noch zu viel zu regeln…
Freitag stand dann der Besuch beim Futtergroßhändler an. Der Container sollte schließlich auch noch bestückt werden. Der Futterhändler erkannte Andreas zu unserer Verwunderung gleich wieder. Scheinbar war ihm unser Futterkauf ohne Sprachkenntnisse und ohne Bargeld vom letzten Jahr noch bestens in Erinnerung. Nach ausführlicher Beratung entschieden wir uns für verschiedene Sorten, darunter auch Futter für sensible oder allergische Hunde und spezielles Welpenfutter. Dann die Hiobsbotschaft: Mit einer Lieferung könnten wir frühestens in 3 Tagen rechnen. Mit viel Überredungskunst konnte Juli dann doch noch eine Lieferung am Samstag herausschlagen. Die ersten 500 kg Futter luden wir jedoch, praktisch als Soforthilfe, direkt in unseren Bulli. Große Augen am Tierheim gab es dann am Samstagmorgen, als der LKW des Futterhandels vorfuhr. Noch einmal fast 2000 kg Futter stapelten sich auf mehreren Paletten, es gab reichlich abzuladen und zu tragen. Viele Hände, schnelles Ende!
Und plötzlich stand schon der Sonntag, unser letzter Tag im Tierheim, vor der Tür. Als erstes ging es zum örtlichen Tierarzt, um bei zwei Hunden nach einer Kastration die Fäden zu ziehen. Nach der Routinearbeit war es dann Zeit, Abschied zu nehmen: Von den Menschen, die wir schon im letzten Jahr lieb gewonnen hatten und die uns auch in diesem Jahr mit der gleichen Herzlichkeit und Offenheit in ihrer Runde aufgenommen haben. Vieles kann man gar nicht detailliert berichten, es würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Zuhause bei Kati durften wir noch die „Schuhkartonbabys“ kennenzulernen. Die ersten Familien warteten in Deutschland schon auf aktuelle Fotos oder Videos von ihren zukünftigen Familienmitgliedern, und auch die Pflegestellen waren gespannt. Alle fünf Babys durften im November gemeinsam ausreisen.
An jedem Tag haben wir Fotos und Videos im Tierheim gemacht und versucht, das Wesen der Tiere zu erfassen. Unser Wunsch ist es, zukünftigen Adoptanten möglichst viele persönliche Eindrücke schildern zu können. Wir haben gemeinsam überlegt, für welche Hunde in unserem Tierheim die Not – besonders im bevorstehenden Winter – besonders groß werden würde.
Juli konnte organisieren, dass Milky am Montagmorgen nach Budapest zur OP gebracht wurde. Dankenswerterweise hat sie Milky nach der gut verlaufenen OP mit zu sich nach Hause genommen, um sie in der ersten Zeit bei sich betreuen zu können.
Trotz der vielen Aufgaben im Tierheim hatten wir eine schöne Zeit zusammen! Wir haben viel gearbeitet, aber auch viel gelacht. Dank der Übersetzung von Juli oder des 15-jährigen Paul, der so oft er kann ehrenamtlich im Tierheim mithilft und in der Schule fleissig Deutsch lernt, funktionierte die Kommunikation gut. Geredet wurde auch mit Händen und Füßen, mit Mimik und Geräuschen. Nie fühlten wir uns fremd. Immer mittendrin. Und immer wurde für unser leibliches Wohl gesorgt. Täglich gab es ein gemeinsames Mittagessen am langen Tisch mit ungarischen Köstlichkeiten, obwohl die Freiwilligen im Tierheim ohnehin schon so viel leisten. Tausend Dank dafür! Wir kommen wieder …